Artikelnummer: 59078
Seltene große Fischplatte,
Sterling Silber, Berlin um 1935,
MZ: Ferdinand Richard Wilm
Die langgezogene Tablettform mit breiter Fahne, welche einen klassizistisch anmutenden, geometrischen Linienfries zeigt welcher von rhytmisierenden Akanthusblättern untergliedert wird.
Hochwertige Arbeit in der für Ferdinand Richard Wilm typischen Fertigungsqualität. Das Tablett wurde ausschließlich von Hand getrieben, die Gravuren mit dem Stichel geschnitten.
Länge: 65,3 cm, Breite: 33,4 cm, Höhe: 1,9 cm; 1.735,9 g
Der Silberschmied Ferdinand Richard Wilm (1880-1971)
Ferdinand Richard Wilm stammte aus der angesehenen Goldschmiededynastie Wilm, deren Anfänge in der Werkstattgründung von Gottfried Ludewig Wilm 1767 liegen. Die Werkstatt wurde durch Hermann Julius Wilm (1812–1907) und Ferdinand Richards Vater Johann Paul Friedrich Wilm (1840–1923) fortgeführt. Die Goldschmiededynastie konnte die Umsetzung einiger bedeutender Aufträge für den hohen Adel sowie Königsfamilien Europas für sich reklamieren. Familiäre Diskrepanzen führten dazu, dass Ferdinand Richard Wilm anfänglich eine Bankkaufmannslehre einschlug und in London und New York für verschiedene Banken arbeitete. Erst 1911 wechselte er in das familiäre Unternehmen das er als Teilhaber zu 50% mit seinem Bruder Johann David führte und unter dem Namen „H. J. Wilm“ firmierte. Der Wegbruch der Monarchie sowie des gehobenen Adels als Auftraggeber infolge des Ersten Weltkriegs führten dazu dass neue Auftraggeber gesucht werden mussten, welche im gehobenen Bürgertum gefunden wurden. 1923 wurden die bedeutenden Silberschmiedewerkstätten Paul Teige und J. Godet & Sohn von Wilm erworben. Damit wurde nicht nur der exzellente Mitarbeiterstab (dem Größen wie Erna Zarges-Dürr, Willi Stoll oder Robert Fischer angehörten) sondern auch deren Kundenstämme übernommen.
Ferdinand Richard Wilm gehörte neben Emil Lettré zu den wichtigen Silberschmieden der 1930er Jahre. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten geriet Wilm mit seinem geschäftlichen Erfolg in Schwierigkeiten. Die Geschäftstüchtigkeit jüdischstämmiger Gold- und Silberschmiede, sowie deren hohe kulturelle Bildung und Gespür für Qualität führten dazu dass dieses Gewerbe von ihnen dominiert wurde. Habsucht und Mißgunst der Nationalsozialisten führten dazu, dass dieses Gewerbe von ihnen besonders genau im Auge behalten wurde und Angehörige dieses Geschäftszweiges unter Generalverdacht standen. So wurde auch Ferdinand Richard Wilm wie später auch sein Sohn Johann Renatus von der Gestapo verhört und der Versuch unternommen ihm ideologische Verstöße unterzuschieben. Weiterer Verfolgung konnte Ferdinand Richard Wilm sich nur durch Bestechung Hermann Göhrings entziehen. Um weiterhin als Gold- und Silberschmied arbeiten zu dürfen, musste Wilm – ebenso wie Emil Lettré – sich zudem notgedrungen mit den neuen Machthabern arrangieren und stellte für sie Gold- und Silberwaren unter anderem für den repräsentativen Gebrauch her. Seine Arbeiten der 1930er Jahre verbanden klassizistische Tendenzen mit denen des Art Déco ohne dabei schwerfällig zu wirken. Vergleichbar mit Emil Lettré schuf Wilm bei seinen Silberwaren Objekte von schlichter, strenger Formgebung die er mit akzentuiert gesetztem Gravurdekor versah. Die Silberwaren aus der Werkstatt von Ferdinand Richard Wilm entstanden ausschließlich in traditionellen Techniken: die Formen wurden mit dem Hammer getrieben, Gravuren mit dem Stichel geschnitten. Als Verfechter des traditionellen Handwerks lehnte Wilm jedwede technische Hilfen wie beispielsweise die Drückbank ab.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges führte Wilm sein Geschäft in Hamburg weiter, wobei er sich im Zuge der Entnazifizierung unter der neuen Führung erneut Verdächtigungen der Kollaboration mit den Nationalsozialisten erwehren musste.