Artikelnummer: 60150
Seltenes Art Déco Tablett,
Sterling Silber, Stuttgart 1925/26,
ohne MZ
Ovale Formgebung, an den Schmalseiten die Fahne zu einem ornamental geschwungenen, volutenförmigen Griffstück auslaufend. Die Wandung und der Spiegel vollflächig von Martelé überzogen.
Außergewöhnliches und formschönes Tablett des Art Déco in schöner, authentischer Erhaltung und mit interessanter Historie.
Länge: 29,7 cm, Breite: 19,5 cm; 465,2 g
Das Tablett ist unterseitig handschriftlich bezeichnet „V…t 1925/26 – 3 teilig No 55“ und weist ein Klebeetikett der Metallabteilung der Kunstgewerbeschule Stuttgart (heute Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart) auf, welches handschriftlich bezeichnet ist „No 13 RM 275“. Darüberhinaus ist es ebenfalls handschriftlich bezeichnet „925“ und „465 gr“. Es ist ferner mit den vorgeschriebenen deutschen Punzen für Silber (Halbmond und Krone) und dem Feingehalt „925“ punziert.
Die Absenz einer Meistermarke sowie die handschriftlichen Vermerke zeigen, dass es sich bei diesem Tablett um eine Abschlussarbeit eines Schülers der Stuttgarter Kunstgewerbeschule gehandelt haben muss. Da der Ausführende noch in der Ausbildung war, wäre eine Punzierung mit einem Meisterzeichen nicht legal gewesen. Es scheint zu diesem Serviertablett noch zwei weitere Teile gegeben zu haben, vermutlich war das Ensemble als Milch Zucker-Garnitur auf Tablett konzipiert gewesen, von dem sich heute nur noch das hier vorliegende Tablett erhalten hat.
Sehr bemerkenswert, da diese Arbeit drei Jahre vor der Weltwirtschaftskrise entstand, ist die Tatsache dass die Materialwahl des Tabletts außerordentlich kostspielig war. Silber war zu dieser Zeit schon übermäßig teuer, die Produktion von Arbeiten in Silber in deutschem Raum wenige Jahre später gänzlich verboten. Für gewöhnlich wurden derartige Arbeiten in Messing oder Kupfer ausgeführt nicht aber in (Sterling) Silber. Im Zuge der weltwirtschaftlichen Rezession hatte die Stuttgarter Kunstgewerbeschule ebenfalls mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, weswegen die damalige Direktion den Verkauf von Abschlussarbeiten ihrer Absolventen anordnete um wieder liquide zu sein.
Es liegt die Vermutung nahe dass es sich bei diesem Tablett um eine Arbeit eines nicht allein bessergestellten Absolventen gehandelt hat sondern dieser auch über das notwendige handwerkliche Können verfügte um sich die Umsetzung der Arbeit in Silber zutrauen zu können. Das hohe Geschick des Ausführenden zeigt sich in handwerklicher Hinsicht im Besonderen an den hohlen Voluten die zu Griffen ausgeformt sind: diese sind nur geringfügig von der Fahne abstehend, was die Umsetzung ihrer Plastizität – auch anbetrachts der soliden Materialstärke – deutlich erschwert. Dennoch wirken die Voluten keineswegs schwerfällig. Doch auch in stilistischer Hinsicht bewies der Ausführende ein Auge für Ausgewogenheit und Proportion. So besticht das Tablett durch ein spannungsvolles Gefüge zwischen der martellierten Oberfläche mit deutlich erkennbaren Hammerspuren und der gekonnt geschwungenen, zur Stirnseite der volutenförmigen Griffe sich dezent abflachenden Fahne.
Die Martellierung der Oberfläche ist wunderbar erhalten und keineswegs „blindpoliert“, das Gewicht von 465,2 g sowie die alte handschriftliche Gewichtsangabe beweist auch, dass nach bald hundert Jahren nahezu keine Abtragung der Silberoberfläche an dem Tablett zu verzeichnen ist.