Deckeldose, 800er Silber, Wien um 1925, Otto Prutscher für Alexander Sturm

Artikelnummer: 59058

Deckeldose,
800er Silber, Wien um 1925,
Entwurf: Otto Prutscher für Alexander Sturm (attr.)

Ovale Formgebung, die Wandung in Facetten unterteilt und sich zur Basis hin grazil verjüngend. Die waagrechte, glatte Schulter in den in Analogie zur Wandung facettierten Deckel übergehend und von langgezogenem, keilförmigen Deckelknauf bekrönt.
Überaus elegante Deckeldose in der für Otto Prutscher charakteristischen reduzierten und sehr zurückhaltend ornamentierten Formgebung.

Länge: 13,3 cm, Breite: 10,6 cm, Höhe (Deckelknauf): 11,2 cm; 281,8 g

Otto Prutscher – Entwerfer, Erbauer, Entwickler der Wiener Moderne

Otto Prutscher (1880 – 1949) war neben Josef Hoffmann, Koloman Moser und Dagobert Peche der vielseitigste Entwerfer der Wiener Moderne.
Zeit seiner Ausbildung war Prutscher darauf bedacht, seine Kenntnisse um Materialität in der Praxis stetig auszubauen. 1897 begann er sein Studium an der Wiener Kunstgewerbeschule und nutzte seine vorlesungsfreie Zeit um sich im Zimmereigewerbe sowie als Maurer weiterzubilden und in der väterlichen Schreinerei seine Erfahrungen im Möbelbau zu sammeln.  Von seinen Lehrern an der Kunstgewerbeschule sollten der Maler Franz Matsch und der Architekt Josef Hoffmann den größten Einfluss auf Prutschers künstlerischen Werdegang haben.
Otto Prutscher war von vergleichbar überbordender Vielseitigkeit und Ideenreichtum wie Josef Hoffmann. Sein breitfacettiertes Gesamtwerk umfasst Architekturentwürfe und ausgeführte Bauwerke für Privatiers und die Öffentlichkeit, Einzelmöbel und komplette Einrichtungen bis hin zu einer Vielzahl von Gebrauchsgegenständen aus Glas oder Silber. Wie Josef Hoffmann war er leidenschaftlicher Verfechter des Gesamtkunstwerks: künstlerisch entworfene Gebrauchsgegenstände die Ästhetik verbunden mit Praktikabilität den Menschen die Kunst im Alltag erlebbar machen soll. Neben Hoffmann gilt Prutscher daher als der bedeutendste Vertreter einer Bewegung welche heute unter dem Begriff der Wiener Moderne subsumiert wird.
Otto Prutscher war Mitglied aller wichtigen künstlerischen Institutionen – angefangen von der Secession über die Wiener Werkstätte bis hin zum Deutschen Werkbund.  Lehrend war er ab 1909 an der k. u k. Kunstgewerbeschule in Wien tätig bis die negativen Einflüsse des Nationalsozialismus auch den österreichischen Kunstbetrieb erfassten: Otto Prutscher musste 1939 aufgrund der jüdischen Herkunft seiner Ehefrau seine Ämter abgeben.

Otto Prutschers Entwürfe wurden von etlichen wichtigen Unternehmen umgesetzt, von denen im Bereich von Tafelsilber und Silberwaren die Wiener Werkstätte, Klinkosch und Alexander Sturm als die wichtigsten zu nennen wären.
Wenngleich seine Urheberschaft des Entwurfs der hier vorliegenden Deckeldose nicht eindeutig nachwiesen werden kann, so ordnen wir sie dennoch als Entwurf Prutschers zu. Die zeichnerische Qualität des Entwurfs, das gekonnte Spiel mit den Lichtreflexen der feingliedrig facettierten Wandung, die für seine Entwürfe typische Verjüngung des Korpus zur Basis hin, wie auch der keilförmige und langgezogene Deckelknauf sind Elemente die sich bei anderen ausgeführten Arbeiten auch bei von Alexander Sturm finden die eindeutig Otto Prutscher zugeordnet werden.