Kaffee Tee-Service, 800er Silber, Wien um 1910, Hans Bolek

Artikelnummer: 59066

Fünfteiliges Kaffee Tee-Service,
800er Silber, Wien 1909-12,
Entwurf: Hans Bolek, Ausführung: Franz Schediwy für die Silberschmiede Alfred Pollack

Der gewölbte, vierfach von Vertikalfalten untergliederte Korpus sich zum oberen Drittel weitend und in die gerundete, von Perlrandfries gezierte Schulter übergehend. Die Kaffeekanne und Teekanne, sowie die Zuckerdose von leicht kuppelförmigem Deckel abgeschlossen und von gerippten Deckelknäufen in Elfenbein bekrönt. Die Schnaupen von Kaffeekanne und Teekanne sowie der Heißmilch- bzw. Heißwasserkanne in Analogie an ihren Kanten von Perlandfries geziert. Die Kannen rückseitig mit weit geschwungenen, halbkreisförmigen und von Rillenprofilierungen ornamentierten Handhaben aus Elfenbein. Die Zuckerdose mit spitz zulaufenden Griffen.
Außerordentlich seltenes und hochwertiges Kaffee Tee-Service des Wiener Jugendstils, dessen hohe Fertigungsqualität sich nicht allein im soliden Gewicht der einzelnen Objekte zeigt sondern auch in ihrer handwerklichen Umsetzung: so sind die Griffaufnahmen der Handhaben sowie die der Deckelknäufe randseitig von halbkreisförmigem Dekor abgeschlossen, welcher in das Bein der Griffe und Deckelknäufe in Negativform eingearbeitet wurde um so einen harmonischen Übergang zu erzeugen.

Teekanne:
Länge: 25,4 cm, Breite: 15 cm, Höhe: 18,8 cm; 902,9 g, Volumen: 1,95 ltr. (!)

Heißmilch- bzw. Heißwasserkanne:
Länge: 18,6 cm, Breite: 9,2 cm, Höhe (Schnaupe): 16 cm; 441,1 g, Volumen: 0,8 ltr.

Kaffeekanne:
Länge: 19,2 cm, Breite: 9,2 cm, Höhe: 18,5 cm; 561,5 g, Volumen: 0,8 ltr.

Rahmkännchen:
Länge: 14,3 cm, Breite: 8,6 cm, Höhe: 8,4 cm; 213,5 g

Zuckerdose:
Länge: 18,3 cm, Breite: 13,4 cm, Höhe: 12,5 cm; 507,3 g

Hans Bolek (1890 Wien – 1978 ebd.)

Bedeutender Architekt, Maler und Entwerfer kunstgewerblicher Arbeiten. Hans Bolek studierte 1906-1910 an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Josef Hoffmann mit dem er zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb und 1939 – 1941 zusammenarbeitete. Nach seinem Studium machte er sich als Architekt selbstständig und erlangte mit städtischen Bauten Bekanntheit. Bolek war Mitbegründer des Österreichischen Werkbundes (gegründet 1914) und zeitweise Mitarbeiter von Alfred Kurz nachdem er im Architekturbüro von Otto Prutscher gearbeitet hatte. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg bekam Hans Bolek einen Lehrauftrag an der Wiener Modeschule den er bis 1962 ausführte. Als universeller Entwerfer kunstgewerblicher Arbeiten entwarf Bolek Möbel für die Wiener Kunstmöbelfabrik August Ungethüm, für die Firmen Wahliss und Böck entwarf er Keramikarbeiten. Große Bekanntheit erlangte er für seine Entwürfe für die berühmte Glasbläserei Loetz Witwe in Klostermühle. Er schuf zudem einzelne Entwürfe für Silberwaren wie Teeservices und Tafelaufsätze sowie für Schmuck die von der bedeutenden Gold- und Silberschmiede von Oskar Dietrich umgesetzt wurden. Ab 1972 bis zu seinem Tod trat Hans Bolek nur noch mit Malerei und Graphik in Erscheinung. Obgleich er nie deren Mitglied war, führte die Wiener Werkstätte bis 1914 einzelne Entwürfe Hans Boleks in Silber aus. Seine Verbundenheit zur Wiener Werkstätte resultierte nicht zuletzt aus der Freundschaft mit Josef Hoffmann. Angesichts seiner hohen künstlerischen Produktivität sind von der Hand Hans Boleks nur verhältnismäßig wenig Arbeiten in Silber belegt. Neben Oskar Dietrich haben auch die berühmten Silberschmieden Eduard Friedmann, Alfred Pollack und Hermann Südfeld einzelne Entwürfe Boleks umgesetzt die zu den feinsten Silberarbeiten des Wiener Jugendstils gehören.
Das hier vorliegende Service wurde vor 1909 entworfen und 1910/11 auf der Winterausstellung im Wiener Kunstgewerbemuseum (heute Museum der angewandten Kunst, Wien kurz: MAK) von der Silberschmiede Alfred Pollack erstmals ausgestellt. 1912 erwarb das Wiener Kunstgewerbemuseum das Teeservice, bestehend aus Teekanne, Milchkanne und Zuckerdose auf Tablett. Es befindet sich unter der Inventar-Nummer WI 1102 noch heute in dessen Bestand (siehe hier). Die Silberschmiede Alfred Pollack ließ das Kaffee Tee-Service zunächst in der Silberschmiede von Franz Schlesinger herstellen, der aber 1909 verstarb. Darauf wurde die Silberschmiede von Franz Schediwy mit der Umsetzung beauftragt. Das Service im Besitz des MAK wurde, wie unser Service, von Franz Schediwy ausgeführt. Während das MAK das dreiteilige Teeservice besitzt, liegt unser Service in der sehr seltenen Variante als komplettes fünfteiliges Kaffee Tee-Service vor. Eine identische Zusammensetzung wie das von uns angebotene Kaffee Tee-Service befindet sich im Bröhan Museum, Berlin und ist abgebildet in: Dedo von Kerssenbrock-Krosigk (Hrsg.): Metallkunst der Moderne (Bestandskataloge des Bröhan-Museums VI), Berlin 2001. S. 521, Kat. Nr. 464. Zum Service im MAK siehe unter anderem Neuwirth, W. (1977, 11. Oktober). Lexikon Wiener Gold- und Silberschmiede und ihre Punzen 1867-1922. Neuwirth, W. [Selbstverlag]. S.179, Tafel 58 (oben). Außer diesen beiden Arbeiten sind uns keine weiteren Ausführungen dieses Entwurfs in Museumsbesitz bekannt, was dessen Seltenheit unterstreicht.