Paula Straus Teesieb, 835er Silber, 1925, Bruckmann & Söhne

Artikelnummer: 59023

Art Déco Teesieb, 835er Silber,
Entwurf: Paula Straus für Bruckmann & Söhne circa 1925
Heilbronn um 1925

Die Wandung der Tropfschale und des Teesiebs vollflächig martelliert. Die ornamental geschwungenen Griffstücke über zwei an der Tropfschale randseitig angebrachten Kugelformen fixiert. Sehr gute, authentische Erhaltung mit originaler Oberfläche.
Das Teesieb wurde von Paula Straus vermutlich schon vor ihrer Anstellung bei Bruckmann & Söhne entworfen und ist eines der ersten ausgeführten Arbeiten der Heilbronner Silberwarenfabrik. Es findet sich ferner abgebildet in ihrem privatem Fotoalbum, das sie 1938 zusammengestellt hatte (vgl. hierzu die zeitgenössische Fotografie in: FrauenSilber. Paula Straus, Emmy Roth & Co. Silberschmiedinnen der Bauhauszeit. Ausst.kat. Badisches Landesmuseum Karlsruhe 2011, S. 41).

Länge: 15,1  cm, Durchmesser Tropfschale: 9,2 cm; 105,0 g

Die Silberschmiedin Paula Straus (Stuttgart 1894 – Auschwitz 1943)

Paula Straus war eine bedeutende avantgardistische Goldschmiedin und Entwerferin von Schmuck, Korpusware und Tafelsilber.
Bis 1921 an der Kunstgewerbeschule Stuttgart ausgebildet, war Paula Straus Meisterschülerin in der Metallklasse unter Paul Haustein, der ebenfalls Silberwaren für Bruckmann & Söhne und die Württembergische Metallwarenfabrik Geislingen (WMF) entwarf. Die Zusammenarbeit mit Paul Haustein sowie mit der Abteilung für Glas- und Steinschnitt an der Kunstgewerbeschule unter Wilhelm von Eiff blieb auch nach ihrem Abschluss erhalten. Ab Mitte September 1925 bis zu den beginnenden 1930er Jahren war Paula Straus als Entwerferin von Silbergerät für Bruckmann & Söhne in Heilbronn tätig, wo sie eine beeindruckende Vielzahl von Silberwaren entwarf. Insbesondere sind Silber Teeservice, Tafelsilber und Silberbesteck sowie sakrales Silber für die christliche wie jüdische Liturgie von ihr belegt. Zu den ersten bereits 1925 von Bruckmann hergestellten Arbeiten gehört auch dieses Teesieb. Zusammen mit Josef M. Lock leitete sie 1925-30 das Atelier für kirchliches Silber bei Bruckmann & Söhne. 1929 erhielt Paula Straus einen Lehrauftrag an der Staatlichen Hochschule für Handwerk und Baukunst in Weimar. Ab 1933 war sie als Goldschmiedemeisterin bei WMF tätig wobei sie sich zwei Jahre später zur Selbstständigkeit entschied. Aus diesem Grund zog Paula Straus 1935 nach Stuttgart, wo sie ein Schmuckwarengeschäft gründete. Dieses wurde aber 1939 durch die Nationalsozialisten wieder geschlossen. Als Reaktion auf die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 unternahm Paula Straus zahlreiche Versuche der Emigration und verhandelte mit der Zilverfabriek Voorschoten in den Niederlanden. Ihre Künstlerkollegin Christa Ehrlich hatte dort eine prominente Stellung als Entwerferin inne und auch Emmy Roth konzipierte für das Unternehmen zahlreiche Entwürfe für Arbeiten in Silber. Aus dieser Zeit haben sich einzelne Fotografien der Entwürfe von Paula Straus für Tafelsilber, Silberbesteck sowie Teeservice in einer Bewerbungsmappe zusammengefasst erhalten, deren Urheberschaft heute unbekannt geblieben wäre. Nach Enteignung ihrer Immobilien in Stuttgart und Gundelfingen (1939/40) musste sie ihre Tätigkeit als Gold- und Silberschmiedin endgültig aufgeben und stattdessen eine Stellung als Küchenhilfe im jüdischen Altersheim Buttenhausen bei Münsingen antreten. 1941 wurde sie Leiterin des jüdischen Altersheims in Haigerloch das sie zusammen mit einer Küchenhilfe unter widrigsten Umständen führen musste.
Am 2. August 1942 wurde Paula Straus zusammen mit ihrer Mutter nach Theresienstadt deportiert und im Januar 1943 nach Auschwitz verlegt, wo sie am 10. Februar ermordet wurde.

Die Entwürfe von Paula Straus für Silberwaren und Tafelsilber waren von einer derartig modernen Fortschrittlichkeit, dass sie es schaffte mit ihrem Werk einerseits formal das Schaffen der 1950er Jahre vorweg zu nehmen, andererseits aber dennoch auf die Silberobjekte des 18. Jahrhunderts zu rekurrieren. Eine sehr bedacht verwandte Ornamentik mildert die Strenge ihrer Entwürfe und nimmt ihren monumentalen Charakter. Unter günstigeren Voraussetzungen hätte das künstlerische Potential von Paula Straus sie zu einer international geachteten Größe werden lassen, die einen Vergleich mit Emile Lettré, Jean Emile Puiforcat oder Georg Jensen in keinster Weise hätte scheuen müssen.

Weitere Informationen zur Vita von Paula Straus vgl. auch: Städtische Museen Heilbronn (Hrsg.): Silber aus Heilbronn für die Welt (P. Bruckmann & Söhne 1805- 1973).